Da ist dieser eiserne Helm über meinem Kopf, ein / Ein tickendes Uhrwerk unter meiner Stirn.
Drei Männer finden sich in folgender Situation wieder: Eben noch waren sie im Alltag geerdet, doch plötzlich ist die Welt aus den Angeln. Bei einem löst ein Autounfall einen Zusammenbruch aus, der zweite erkennt seine Kinder nicht mehr und dem dritten versagen auf dem Weg in den Büroalltag die Beine. Die drei Patienten kommen in einem Birkenwald zu einer Art Selbsthilfegruppe zusammen. Kontrastiert wird dieser Chor der Burnout-Patienten mit einer Frauengruppe, die gemeinsam auf ein Leben zurückblickt und Schlüsselmomente aus verschiedenen Perspektiven betrachtet und bewertet. Die Biographie, die sich dabei in mehrere Lebenswege aufspaltet, entpuppt sich als bloßer Reflex auf äußere Umstände. Selbst die große Liebe muss auf einer staubigen Landstraße zurückbleiben.
Das Stück zeichnet mit leichter und rhythmisch-poetischer Eleganz ein surreales Portrait unserer Wohlstandsgesellschaft, die immer auf der Suche nach einem besseren Schicksal ist. Mit ihrer durchaus auch ironischen und witzigen Elegie auf die Endlichkeit des Lebens legt die Autorin den Finger auf den wunden Punkt der Wendegeneration.
Für ihr spielerisches Sprachmeisterwerk erhielt Henriette Dushe den Christian-Dietrich-Grabbe-Preis 2014.
1:30, ohne Pause
Regie: Sascha Bunge
Bühne & Kostüme: Constanze Fischbeck
Dramaturgie: Saskia Zinsser-Krys
Mit: Anna Gesewsky, Claudia Kraus, Amélie Miloy, Julius Ohlemann, Jeffrey von Laun, Christian Wincierz
Pressestimmen:
„Regisseur und Ensemble verwandeln preisgekröntes Drama in ein Gesamtkunstwerk.“
„Es ist kein leichter Stoff, den Henriette Dushe in ihrem feingewobenen Sprachnetz kredenzt, und ihr Text bietet Inszenierungsansätzen ebenso wie der Interpretation viel Freiraum. Um so beachtlicher ist die Leistung des Oberspielleiters Sascha Bunge als Regisseur: Mit seiner sehr eigenen szenischen Umsetzung, die mit reichen Bildern, origineller sprachlicher Gestaltung und sich fast nahtlos aneinanderreihenden choreographischen Abläufen fasziniert, hielt er das Publikum über 100 pausenlose Minuten im Bann des Spiels. (…) Dies ist auch der Darstellungskraft des Ensembles zu verdanken (…).
Sascha Bunge und seinem Ensemble ist es gelungen, ein erstaunliches Gesamtkunstwerk zu schaffen, das ebenso wie Manns „Zauberberg“ geeignet ist für eine zweite Betrachtung.“
Jeversches Wochenblatt
„Stress, Depressionen und Andersartigkeit sind kein leichtes Thema für ein Theaterstück. Die Landesbühne hat ein denkwürdiges Schauspiel daraus gemacht. (…)Insbesondere Claudia Kraus, die die „alte“ Perspektive der Frauen spielt, macht die Verzweiflung von Menschen mit Depressionen intensiv und stark deutlich, so dass keiner wegschauen kann. (…)
Aufrüttelnd und bewegend sprach das Stück das Publikum an, doch auch humoristische Einwürfe kamen nicht zu kurz. Ein hoch aktuelles, aber schwieriges Thema, dass die Zuschauer nach Ende der Vorstellung weiterhin beschäftigte. „Ein ungewöhnliches Stück, welches stark gespielt wurde“, sagt Jörg Czwalinna. „Das Stück hat mich sehr berührt und mir Denkimpulse verschafft“, erzählt Renate Liebrecht begeistert. „Es erweitert den Horizont.““
„Regisseur und Ensemble verwandeln preisgekröntes Drama in ein Gesamtkunstwerk.“
Wilhelmshavener Zeitung
„Sascha Bunge lässt sein Schauspieler/inne-Sextett singen (…), hier sehr physisch wüten, dort unisono in leichtweiße Kleider gewandet chorieren, dann wieder vereinzelnd – mal beiläufig, mal prononciert nervös – Holzstücke und andere Gegenstände herumräumen. Und findet so (fast) ausnahmslos passendes Bild um Bild, Allgemeines im angetippten Konkreten zu verdeutlichen.
Dabei gelingt es ihm, auch der möglichen Ermüdung durch diverse überpersonelle Sprech-Loops entgegen zu wirken. In kurzweiligen gut 90 Minuten verweigert “In einem dichten Birkenwald, Nebel” mehrheitlich allzu simple Ableitungen und konzentriert sich visuell wie schauspielerisch und textlich auf relevante Symptome. Wenn etwa die Männer im Chor einen bemerkenswert subjektverschiebenden Satz wie “Ich hatte das Gefühl, dass meine Angelegenheiten nicht mehr von mir durchlebt werden wollten” über das von das drei Frauen sanft decrescendierend gesungene FDJ-Lied Du hast ja ein Ziel vor Augen sprechen, ragen da auch gleich zwei Deutschlandgeschichten in die bedrückende Bühnengegenwart.“
Nachtkritik